COO Jens Kleiner: Wie er das Netzwerk der Nagel-Group für die Anforderungen des Marktes weiterentwickelt

Jens Kleiner ist Anfang des Jahres zum Chief Operating Officer (COO) der Nagel-Group ernannt worden. Im Interview spricht er über aktuelle Trends der Lebensmittellogistik, neue Technologien und das Task-Force-Team der Nagel-Group.

Herr Kleiner, wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht der Markt für Lebensmittellogistik?

Jens Kleiner: Der Markt für Lebensmittellogistik ist in den vergangenen Jahren enorm volatil und schnelllebig. Es wird immer schwerer vorherzusagen, wann wir wie viele Waren bewegen müssen – das erschwert die Planung unserer Ressourcen und Kapazitäten. Die bekannten Einflussfaktoren wie das Coronavirus und aktuell die Inflation haben das Einkaufsverhalten der Verbraucher bei Lebensmitteln stark verändert. Aktuell nehmen wir wahr, dass die Verbraucher immer mehr zu Discountern tendieren. Das führt für uns zu einer erhöhten Verschiebung der Volumen im Netzwerk. Es wird nicht weniger gegessen aber anders eingekauft. Darauf müssen wir uns einstellen.

Für unser Geschäft sind die hohen Energiekosten derzeit eine große Herausforderung. Im trockenen, nicht temperatursensiblen Bereich stehen wir vermehrt mit der Industrielogistik im Wettbewerb, die in diesem Segment Wachstumschancen sieht. Dem stellen wir uns mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung in der Lebensmittelbranche. Die gleiche Herausforderung haben wir, wie alle Mitbewerber, im Bereich der Fachkräfte. Vor allem in unseren Niederlassungen brauchen wir Menschen, die mit Gabelstaplern Paletten bewegen, Touren disponieren und die mit ihrem LKW die Waren unserer Kunden in ganz Europa verteilen.

Jens Kleiner, COO der Nagel-Group

Welche konkreten Auswirkungen haben die Marktentwicklungen auf unser operatives Geschäft?

Wir spüren die Volatilität nahezu tagtäglich. Unser operatives Geschäft war in diesem Jahr bisher von besonderen Umständen geprägt – die Bauernproteste, das Schneechaos und Streiks haben uns stark gefordert. Das gesamte Team der Nagel-Group hat hier großartig zusammengehalten und alles getan, um unsere Kunden bestmöglich zu bedienen. Derzeit befinden wir uns mitten im Ostergeschäft, welches jedoch etwas verhaltener als in den Vorjahren gestartet ist. Die Tonnagen, die wir bewegen sind aber wieder deutlich über dem Jahresdurchschnitt, die Ostertage bleiben nach dem Weihnachtsgeschäft die volumenstärkste Saison. Wie es danach weitergeht, hängt von mehreren Faktoren ab: Wie entwickelt sich die Inflation? Bekommen wir gutes Grillwetter und wie wirkt sich die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland auf das Geschäft aus?

 

Was wollen Sie in Ihrer neuen Rolle kurzfristig verändern, um die operativen Abläufe zu verbessern?

Wir haben im vergangenen Jahr begonnen unser Nagel-Group-Netzwerk in einer neuen Regionalstruktur in Deutschland auszubauen. Hier haben wir bereits erste positive Ergebnisse wahrgenommen. Durch die Besetzung der Regionalleiter-Positionen in Nord-Ost, West und Süd, mit Achim Sinn, Martin Nether und Mirko Schmidt, haben wir die Koordination und Zusammenarbeit gestärkt und wollen diese weiter vertiefen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Verbesserung unseres Netzwerks durch Standardisierung und Optimierung der Gebietsstrukturen. Eine einheitliche Führungsstruktur und ein enger Austausch zwischen den Niederlassungen und Regionalleitern sind entscheidend.

Im letzten Jahr wurde zudem ein operatives Task-Force-Team gegründet, um schnell und effizient auf kritische Situationen reagieren zu können. Die ersten Erfahrungen sind positiv, die Task Force hat bei mehreren Anlässen betroffene Niederlassungen gut unterstützt. Wir werden diese Initiative weiter ausbauen und künftig vermehrt auch im Ausland einsetzen.

Mit ServiceNow haben wir ein Kundenservice-Tool neu eingeführt, das in diesem Jahr weiter ausgerollt wird. Damit möchten wir für mehr Transparenz sorgen, strukturierte Prozesse ermöglichen und insgesamt unsere operative Leistungsfähigkeit steigern.

Grundsätzlich hinterfragen und verbessern wir unsere Prozesse kontinuierlich. Wir sehen unsere größte Kompetenz in der der Lieferung und Lagerung von Lebensmitteln in allen Temperaturbereichen sowie im Bereich Value Added Services, insbesondere im Co-Packing. Wir arbeiten stetig daran, sowohl große Lebensmitteleinzelhändler als auch kleine Flächenkunden effizient zu beliefern.

Welche technologischen Trends und Lösungen verfolgen Sie bei der Nagel-Group aktuell verstärkt?

Wir setzen stark auf künstliche Intelligenz (KI) und App-Technologien. Ein zentrales Instrument hierbei ist der Transport Volume Estimator (TVE). Dieser prognostiziert auf Basis von Datenanalysen und Algorithmen Volumenstellplätze. Durch die Verwendung des TVE möchten wir unsere Planung erleichtern und die Auslastung der Transportkapazitäten optimieren, um eine bessere Kosteneffizienz und Servicequalität zu erreichen. Der TVE befindet sich derzeit in der Erprobungsphase und soll weiter ausgerollt werden. Wir streben außerdem an, unseren Forecast im Transport-Bereich zu verbessern, indem wir die Anzahl der zukünftigen Sendungen genauer vorhersagen. Dadurch erhalten wir längere Vorlaufzeiten für die Transportplanung und reduzieren Fehleinkäufe. Wir digitalisieren und automatisieren Prozesse oder nutzen geeignete Lösungen aus dem Markt, die wirtschaftlich sinnvoll sind.

Das Gespräch führte Jaqueline Kaldewey, Communication Managerin bei der Nagel-Group.